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© Dirk Burchard im November 1997 www.ryker.de/dirk/archiv/skandal.html

Menschwürde klagt gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Unterlassung ihrer Namensnennung im Grundgesetz

Roman Herzog: Unfaßbar, sollen wir wirklich alle Grundgesetze schwärzen?

Karlsruhe (db) - Unantastbar sah sie aus, die Menschenwürde umringt von Reportern vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe am gestrigen Vormittag. Dort hatte sie gerade ihre Klageschrift in der Poststelle abgegeben, mit der sie der Bundesrepublik Deutschland zu verbieten beabsichtigt, ihren Namen weiterhin in Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes zu nennen.

Während die männlichen Reporter sichtlich betroffen von der Entschlossenheit der Menschenwürde kaum einen Laut hervorbrachten, fragten ihre Kolleginnen umso hartnäckiger, was sich die Menschenwürde dabei gedacht hätte, sich derart aufzuspielen. Sie habe das lange mit dem Verantwortungsbewußtsein durchdacht, das auch erwogen hatte, gegen seine Nennung in der Präambel vorzugehen, meinte diese. Von einer gemeinsamen Aktion habe man aber auch nur deshalb Abstand genommen, weil das Verantwortungsbewußtsein ein sehr individuelles Empfinden sei, das lieber an das Gewissen des einzelnen appellieren wolle.

Auslöser für die Klage war nunmehr die Entscheidung des Bundestags zum Kauf des Kampfflugzeugs "Eurofighter", dabei habe die Menschenwürde sogar weitgehend auf den Entwurf einer Klageschrift zurückgreifen können, den sie zur Entscheidung des BVerfG zum Auslandseinsatz der Bundeswehr im Jahre 1994 erstellt hatte. Damals habe sie aber noch geglaubt, das Verantwortungsbewußtsein könne Widerstand gegen derartigen Unfug mobilisieren. Und bereits in den 50er Jahren soll es entsprechende Erwägungen der Menschenwürde gegeben haben als Konrad Adenauer mit der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik die deutsche Teilung besiegelt hatte. Damals war auch noch jene Präambel an den Diskussionen beteiligt, mit welcher das Grundgesetz auch für die Menschen in der sowjetisch besetzten Zone demokratische Ideale entwickeln wollte.

Die Entscheidung für den Eurofighter ging der überzeugt pazifistischen Menschenwürde jedoch zu weit. Nicht die technische Herausforderung des Flugzeugbaus hätte sie gestört, und die Sache mit dem Waffenabwurf auf Zivilisten hätte auch schon das Verantwortungsbewußtsein mit den Piloten individuell geregelt. Aber um die vielen unentwickelten Projekte, denen nunmehr das Geld fehle, sei es ihr gegangen. Das seien allesamt Ideen, die erst noch reifen und sich entfalten müßten, und dies sei ein ungemein zerbrechlicher Prozeß, der fürsorglich zu begleiten wäre.

Da auch das Verantwortungsbewußtsein erklärt hatte, daß es seinen Erfolg aus dem Herbst 1989 in der DDR nicht schaffen würde zu wiederholen und bereits zum Golfkrieg Mühe hatte, die deutsche Kriegsbegeisterung zu unterdrücken, habe sich die Menschenwürde entschlossen, öffentlichkeitswirksam auf diesen Mangel hinzuweisen.

Auf eine letzte Frage, ob denn die Menschenwürde auch an die Arbeiter des Daimler-Benz-Konzerns und den Standort Deutschland gedacht hätte, lächelte die Menschenwürde milde und sagte: "Gute Frau, wenn man wie ich in enger Nähe zum Verantwortungsbewußtsein verkehrt, kann man sich nur für die Entfaltungsmöglichkeiten des einzelnen, für den Schutz seiner Integrität und für pazifistische Idealvorstellungen einsetzen. Sonst bekäme ich sexuelle Verbiegungen." Die Menschenwürde lächelte noch einmal sinnlich in die Kameras der Fotografen und entschwand.

Die Präsidentin des BVerfG, Jutta Limbach, wandte sich danach gegen - wie sie sagte - "Erpressungsversuche" der Menschenwürde. Diese soll bei der Abgabe ihrer Klageschrift noch in der Poststelle gedroht haben, daß Stichtag der 9. November 1998 sei, und danach weitere Aktionen von ihr und anderen Grundrechten zu erwarten wären, sollte deren Integrität weiterhin beschmutzt werden. Bundesinnenminister Manfred Kanther kündigte an, die Grundrechte vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen. Der CDU-Politiker und Verfassungsrechtler Rupert Scholz äußerte hierzu, daß die Blockadehaltung der Grundrechte die Reformbestrebungen der Bundesregierung behindern würde und das Bundesverfassungsgericht diesem selbstsüchtigen Treiben profilneurotischer Individualisten Einhalt gebieten müsse.

Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist noch nicht bestimmt.





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