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© Dirk Burchard im Dezember 1999 www.ryker.de/dirk/archiv/kritv.html

Verfassungsrechtliche Interessenabwägung im Informationsrecht

KritV 1999, 239

KritV, Deckblatt

Die klassisch westlichen Freiheits-Werte würden einfach aus der analogen Ära auf die sich entwickelnden digitalen Medien übertragen und weiterentwickelt, war meine untrübliche Überzeugung 1998 als Rechtsreferendar beim Landesbeauftragten für den Datenschutz in Magdeburg, als das Internet selbst noch DAS neue, per Modemeinwahl erreichbare, soziale Netzwerk war, in dem ein Startup namens Google die damals führende Suchmaschine AltaVista.digital.com abzulösen begann, und im Folgejahr schon als Dissident gelang mir, diesen Bürgerrechtsanspruch zur Digitalisierung als im deutschen Recht noch heute zitierfähige juristische Fachliteratur zu veröffentlichen:

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Zwanzig Jahre später sind noch immer keine tatsächlich effektiven Bürgerrechte etabliert, um analoge oder digitale Profilierung, sowie darauf hinterrücks gegründete Entscheidungen abzuwehren und nachhaltig zu unterbinden. Informationsfreiheit wird gar nicht mehr angestrebt. Das Urheberrecht schützt große Verwertungsindustrien, aber kaum noch kreativ und intellektuell Werkschaffende vor Plagiaten oder Ausbeutung ihrer Arbeit. Statt freiem und unbefangenem Austausch dominiert online oftmals Zwang zur Selbstzensur, und die digitale Avantgarde der 90er, sowie deren Aufbruchstimmung sind weltweit ebenso verschwunden wie kritische Fernsehsender in Russland, zumal diese Digitalisierung in Neuland erst 2018 Thema wurde, nachdem die Bundeskanzlerin als Welt-Klima-Queen gescheitert war. Deutschland ist heute Digitalisierungs-Versager.

Auf dem Kreuzweg meiner Arbeit war hingegen schon im alten Jahrtausend zusammengewachsen, was tatsächlich zusammengehört, denn mit dem Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung, das Volkszählungs-Gegner 1983 dem Bundesverfassungsgericht abgerungen hatten, bin ich zu einem ähnlichen Bürgerrechte-Standard gelangt, wie ihn Oppositionelle der DDR im September 1990 per Hungerstreik für Stasi-Unterlagen erkämpft hatten. Edward Snowdens Enthüllungen hätten rund fünfzehn Jahre nach meiner Aufarbeitung dieser Verfassungsgrundsätze Deutschland gar nicht betreffen dürfen, weil zum Beispiel auch deutsche Geheimdienste zu jedem einzelnen etwa per XKeyscore am DE-CIX abgegriffenen Datensatz jedem Bürger nicht erst per Datenauskunft Rechenschaft über dessen Verwendung schulden [KritV 1999, 239, 245f].

Zwanzig Jahre später blasen europäische Eliten auch mehr zum Kampf gegen US-IT-Konzerne mit ihrer Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bußgeldern „bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs“ gemäß Artikel 83, was online eher werbefinanzierte Umsonstdienstleistungen gefährdet und Bürgern nur minimalen Freiheitsgewinn bringt, denn zum Beispiel gibt es takeout.google.com seit 2011, ähnliches sogar bei Facebook in minimalen Ansätzen seit 2012, und Apple lieferte 2018 zur DSGVO nach, aber probieren Sie mal takeout.verfassungsschutz.de, takeout.bnd.de oder dergleichen bei anderen Behörden, die Daten über Sie gespeichert haben könnten, auf deren Grundlage in aller Regel sogar Entscheidungen über Ihre Lebensperspektiven gefällt wurden und werden, dann wissen Sie, daß völkischer Datenschutz nicht wirklich Freiheits-Werte sichert.

Was das für ein Trip war, noch über die Jahrtausendwende hinaus an den klassisch westlichen Freiheitswerten festzuhalten, analog stigmatisiert und ausgesondert von Freisler-Traditionalisten wie neoNazis beim Ausländerklatschen zusammengerottet, in einem Land mit entfesseltem Rechtsextremismus, mit Silvin Rubinstein rechtzeitig einen Mentor vor der Amok-Ära zu finden und dank Mick Jagger auch noch den Ausweg, werde ich demnächst als Buch veröffentlichen und weiterhin umso entschlossener den klassisch westlichen Freiheitswerten treu bleiben…





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